In der AfD tritt der Machtkampf zwischen Anhängern von Parteichefin Frauke Petry und ihren Gegnern wieder offen zutage: Die Landesvorsitzenden von Brandenburg und Thüringen, Alexander Gauland und Björn Höcke, kritisierten "Mauscheleien in Hinterzimmern", die dem Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen und Lebensgefährten Petrys, Marcus Pretzell, zugeschrieben werden. Der Stern berichtete, er und seine Anhänger hätten bei der Aufstellung der NRW-Kandidaten für die Bundestagswahl mit Absprachen ihnen genehme Parteimitglieder durchgesetzt. Im Bundesvorstand gelten Petry und Pretzell als isoliert. Allerdings soll Petry von allen Spitzenfunktionären den größten Rückhalt an der Basis haben.

Gauland und Höcke forderten eine Überprüfung der Kandidatenwahl. "Angesichts der vorliegenden Dokumente vom Listenparteitag scheint fraglich, ob bei der Kandidatenwahl alles mit rechten Dingen zugegangen ist", teilten die Politiker in einer gemeinsamen Erklärung mit. Es gehe unter anderen um "Tricksereien". Die Listenwahl solle deshalb von einem Schiedsgericht überprüft werden. 

Eine Sprecherin des Landesverbands sagte, zu der Ankündigung von Gauland und Höcke wolle man sich in NRW zunächst nicht äußern. Bisher gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass man die Landesliste infrage stellen müsste. Nach vorläufiger Einschätzung sei weder gegen Parteirecht noch gegen Satzungen verstoßen worden. Pretzell war Anfang September in Soest mit 54 Prozent der Delegierten-Stimmen zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 14. Mai gewählt worden.

Pretzell wehrt sich gegen Vorwürfe

Der stern berief sich in seinem Bericht auf eine Chatgruppe im Kurznachrichtendienst WhatsApp. Bei den Mitgliedern handele sich um Unterstützer von Pretzell und Petry. Die Gruppe soll bei zwei Wahlparteitagen als Strippenzieher agiert haben. Die Delegierten seien dabei "lenkbares Stimmvieh" gewesen und hätten geheime Anweisungen der Gruppe bekommen, die sich aus Landesvorständen und anderen Funktionären zusammengesetzt habe. Es seien nur Kandidaten protegiert worden, die Pretzell gewogen seien. Pretzell schrieb dazu auf Facebook: "Von unseren Delegierten hat man offenbar keine hohe Meinung, traut man ihnen doch zu, dass sie sich von Chatgruppen-Parolen beeinflussen lassen." Er sei weder Mitglied der Gruppe, noch handele es sich um eine von ihm gesteuerte Gruppe. Gauland und Höcke warf er vor, der Partei zu schaden.

Laut stern sollen die Mitglieder der Chatgruppe über andere Parteimitglieder gelästert haben. AfD-Mitglied Detlef Küsters soll dem Bericht zufolge an die Mitglieder der Chatgruppe geschrieben haben: "Was rennen bei uns nur für Vollpfosten rum" und "was haben wir nur für Pappnasen in der Partei." Gauland und Höcke kritisierten: "Diese Gruppe äußert sich in herablassender und in einer der innerparteilichen Debatte unwürdigen Art und Weise über andere AfD-Mitglieder." Sie arbeite lieber mit Tricksereien, statt mit Argumenten zu überzeugen. Die Protokolle seien ein erschütterndes Zeugnis der Instrumentalisierung der AfD für eigene Karriereziele.