Die umstrittenen Äußerungen von AfD-Vize Alexander Gauland über Fußballnationalspieler Jérôme Boateng sorgen weiter für Aufregung. Wie die Nachrichtenagenturen AFP und dpa berichten, rechtfertigte sich Gauland nun in einem Schreiben an die AfD-Mitglieder. Zugleich warf er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) eine verfälschende Wiedergabe seiner Äußerungen vor.

Zudem hätten sich die Journalisten nicht an die vereinbarte Vertraulichkeit gehalten. Der an dem Interview beteiligte Redakteur Eckart Lohse wies Gaulands Vorwürfe zurück.

Laut FAS hatte Gauland mit Bezug auf den Nationalspieler gesagt: "Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben." Damit löste Gauland massive Empörung aus. "Der Satz, der da gefallen ist, ist ein niederträchtiger und ein trauriger Satz", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert auf die Frage, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Bericht über Gauland bewerte. Boateng ist in Berlin geboren. Er hat eine deutsche Mutter und einen ghanaischen Vater.

"Ich hatte vorige Woche ein als vertraulich klassifiziertes Hintergrundgespräch mit zwei FAS-Redakteuren", schreibt Gauland nun in seiner Mail. Im Mittelpunkt hätten Auseinandersetzungen im Bundesvorstand sowie der "ungebremste Zustrom raum- und kulturfremder Menschen nach Deutschland" gestanden, und wie sich dieser Zustrom auf das Heimatgefühl vieler Menschen auswirke. 

"Ich kann heute nicht mehr sagen, wer zuerst den Namen Boateng in den Mund genommen hat – ich bilde mir ein, es war einer der beiden FAZ-Redakteure, da mir der Name wie auch der Fußballsport weitgehend fremd sind", schreibt Gauland. Am Sonntag hatte Gauland noch erklärt, er "habe sich an keiner Stelle über Herrn Boateng geäußert".

Überschrift "durch keinen Satz im Text gedeckt"

"Dabei mag das Zitat von der Nachbarschaft gefallen sein." Er habe dem keine Bedeutung beigemessen, da das Gespräch nicht zur Veröffentlichung bestimmt gewesen sei. "Leider haben die Journalisten sich nicht an die Abmachungen gehalten, mir aber auch nicht irgendwelche Zitate zur Autorisierung vorgelegt."

Der AfD-Vize kritisiert in seinem Schreiben, dass ein dritter Redakteur der Zeitung den Titel "Gauland beleidigt Boateng" gewählt habe. Diese Überschrift sei "durch keinen Satz im Text gedeckt".

"Erst durch diese Überschrift haben die ansonsten richtigen Aussagen den Dreh ins Fremdenfeindliche, Rassistische bekommen", monierte Gauland. Ihm sei es "nur um eine Beschreibung von Gefühlen" gegangen, "die wir alle überall in unserer Nachbarschaft wahrnehmen und die sich nicht dadurch vermindern, dass wir sie heuchlerisch nicht zur Kenntnis nehmen".

Journalist weist Gaulands Kritik zurück

Dagegen sagte Journalist Lohse im Deutschlandfunk, der AfD-Vize habe bei dem Gespräch nicht den Eindruck gemacht, dass er nicht wisse, wer Boateng ist. Beim Thema Fremdsein sei Gauland gefragt worden, "wie es denn mit Herrn Boateng zum Beispiel sei". "Und dann hat er die Antwort gegeben, die er gegeben hat und die wir veröffentlicht haben."

Von dem anderthalbstündigen Gespräch mit Gauland gebe es keinen Audiomitschnitt, sagte Lohse. Er und sein Kollege Markus Wehner hätten "unabhängig voneinander mitgeschrieben". Wenn Gauland darum gebeten habe, hätten beide nicht mehr mitgeschrieben.

Gauland gilt als Vertreter des rechten Flügels der AfD und hat wiederholt mit scharfen Worten beispielsweise zur Flüchtlingskrise provoziert. Auch mit AfD-Chefin Frauke Petry handelte er sich durch seine Fußballer-Äußerung offenbar Ärger ein.

"Frau Petry hat mich angerufen und sich sehr kritisch über die Berichterstattung geäußert", sagte Gauland der Bild-Zeitung. Die Parteichefin war bereits am Sonntag auf Distanz zu Gaulands Aussage gegangen.

Boateng hatte zu Gaulands Äußerungen gesagt, es sei "ehrlich gesagt traurig, dass heutzutage noch so etwas gesagt wird".