Politik

Rechtspopulisten an der Macht Wird die AfD noch so stark wie die FPÖ?

Verstehen sich gut: AfD-Chefin Frauke Petry mit dem FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache bei einer Veranstaltung im Februar in Düsseldorf.

Verstehen sich gut: AfD-Chefin Frauke Petry mit dem FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache bei einer Veranstaltung im Februar in Düsseldorf.

(Foto: picture alliance / dpa)

In Österreich ist es schon so weit: Die rechtspopulistische FPÖ ist stärkste Partei, bald stellt sie vielleicht den Bundespräsidenten. Der Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer erklärt, ob das auch in Deutschland möglich wäre.

n-tv.de: Die FPÖ ist in Umfragen stärkste Partei in Österreich, bald stellt sie möglicherweise den Bundespräsidenten, mittelfristig vielleicht auch den Kanzler. Ist es in Deutschland auch denkbar, dass eine rechtspopulistische Partei so stark wird?

Oskar Niedermayer ist Politikwissenschaftler an der FU Berlin.

Oskar Niedermayer ist Politikwissenschaftler an der FU Berlin.

(Foto: picture alliance / dpa)

Oskar Niedermayer: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Die Situation in Deutschland ist mit der in Österreich nicht zu vergleichen. Die FPÖ ist dort seit Jahrzehnten eine relevante Partei, sie ist sehr lange drittstärkste Kraft gewesen. Ihr Vorsitzender Heinz-Christian Strache ist beliebtester Politiker im Land. Von all dem sind Frau Petry und ihre AfD sehr weit entfernt.

Wie konnte es der FPÖ in Österreich gelingen, sich zu etablieren?

Die FPÖ hat schon lange die Unzufriedenheit und den Protest der Österreicher gebündelt. Anders als die AfD ist sie nicht aufgrund der Entwicklung des vergangenen halben Jahres groß geworden. In Österreich gibt es ein sehr viel größeres und auch längerfristiges Potenzial für eine solche Partei. Da eine Regierung aus SPÖ und ÖVP fast Normalfall ist, gelingt es der FPÖ immer wieder, von der Politik der Großen Koalition und der Enttäuschung zu profitieren.

Wieso soll das in Deutschland nicht auch möglich sein?

Man darf nicht vergessen, dass die AfD nach ihrer Spaltung vor einem Dreivierteljahr noch bei drei Prozent lag. Nur die dramatische Entwicklung der Flüchtlingskrise hat sie wieder hochgebracht. Außerdem ist die Große Koalition in Deutschland nicht verbraucht und abgewirtschaftet. Bis vor einem Dreivierteljahr war die Regierung aus Union und SPD bei den Bürgern deutlich beliebter als ihre Vorgängerregierungen, sei es Rot-Grün oder Schwarz-Gelb. Nur die Flüchtlingspolitik hat ihr Schwierigkeiten bereitet.

Was könnte sich die AfD von der FPÖ abschauen, um noch erfolgreicher zu werden?

Die AfD braucht keine Vorbilder. Sie agiert strategisch geschickt. Nachdem sie am Anfang die Eurorettungspolitik als zentrales Thema hatte, hat sie die Flüchtlinge zu ihrem Markenkern gemacht. Die AfD hat das geschickt genutzt, um das Forum für Protestwähler zu sein und den etablierten Parteien einen Denkzettel zu verpassen. Seit die Flüchtlingszahlen zurückgehen, ist die Partei auf Islamkritik umgeschwenkt. Damit hat sie weiterhin ein mobilisierendes Thema.

In Umfragen liegt die AfD stabil bei gut zehn Prozent. Wo sehen Sie, auch im Hinblick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr, ihr maximales Stimmpotenzial?

Das kommt sehr darauf an, wie sich die Flüchtlingskrise weiter entwickelt. Im schlimmsten Fall, also wenn der Türkei-EU-Deal scheitert, neue Flüchtlingsströme aus Nordafrika über das Mittelmeer kommen und Österreich durchwinkt, hätte die AfD ein hohes Potenzial. Aber dieses liegt nicht bei mehr als 30 Prozent wie bei der FPÖ. Wenn die Flüchtlingskrise jedoch beherrschbar bleibt, ist der Erfolg der AfD begrenzt. Das heißt knapp zweistellig, aber nicht viel mehr.

Die Große Koalition in Deutschland verliert sehr stark an Zustimmung. Welche Fehler müssen Union und SPD vermeiden, dass sie nicht weiter geschwächt werden und Parteien wie die AfD davon profitieren könnten?

Union und SPD sind schon dabei, ihre Fehler zu korrigieren. Im Umgang mit der AfD wollen sie nun das tun, was wir ihnen schon länger geraten haben. Sie sind dazu übergegangen, die Partei mit inhaltlichen Argumenten zu bekämpfen und dem Protestwählerteil damit deutlich zu machen, dass sie selbst bessere Argumente haben und die AfD falsch liegt. Dazu versuchen Union und SPD in der die Flüchtlingskrise, dem Hauptthema der AfD, den Bürgern wieder stärker zu signalisieren: Wir haben das Griff. Dadurch kehrt das Vertrauen in die Steuerungsfähigkeit des Staates zurück, das zwischendurch abhandengekommen war.

Aus Union und SPD hört man viele Stimmen, die fordern, nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr nicht erneut eine Große Koalition zu bilden. Würden Sie den beiden Parteien dies auch im Hinblick auf die AfD empfehlen?

Ja, ich finde das richtig. Eine Große Koalition sollte eine Ausnahmeerscheinung sein. Nach der Bundestagswahl stellt sich natürlich die Frage, was rechnerisch möglich sein wird. Wenn Schwarz-Grün machbar ist, sehe ich eine große Chance für diese Konstellation. Wenn nicht, wird man über Dreier-Koalitionen nachdenken müssen. Die AfD-Chancen hängen von der Art des Bündnisses ab, das dann gebildet wird.

Mit Oskar Niedermayer sprach Christian Rothenberg

Quelle: ntv.de

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